Patenschaft

NAIROBI/BERLIN 01. Oktober 2008 Deutsche Marine soll gegen Piraten vorgehen Schutz von Handelsschiffen am Horn von Afrika Ali Sugule und seine Gefährten sind die wohl weltweit ersten Piraten, die über eine eigene Panzerstreitmacht verfügen: Das ukrainische Frachtschiff MS-Faina, das sie vor knapp einer Woche vor der somalischen Küste in ihre Gewalt brachten, hatte mehr als 30 Kampfpanzer an Bord. Dabei war die MS Faina für die Piraten eigentlich ein eher zufälliges Opfer, wie Sugule der „New York Times“ in einem Telefoninterview verriet: „Da war ein großes Schiff. Also haben wir es geentert.“ Auf Panzer in den Hafenschlupfwinkeln der Piraten müsse man sich nun aber nicht einstellen. „Wir werden die Panzer nicht an uns bringen“, versicherte der Piratenführer. „Wir wollen nur Geld.“ Der UN-Sonderbotschafter für Somalia, Ahmedou Ould-Abdallah, sieht dagegen mit dem Überfall auf das ukrainische Schiff eine weitere Grenze überschritten in einer Region, die ohnehin durch Gesetzlosigkeit und Gewalt geprägt ist. „Es gibt verblüffende Ähnlichkeit zwischen dem Handeln dieser skrupellosen Piraten und dem Handel mit Blutdiamanten während der blutigen Bürgerkriege in Liberia und Sierra Leone“, sagte er vor wenigen Tagen. Piraterie sei ein Multimillionendollar-Geschäft geworden. Das wird vor allem in Hafenstädten wie Eyl in der halbautonomen Region Puntland im Norden Somalias deutlich. Hier legen die meisten der gekaperten Schiffe eine Zwangspause ein, während die Lösegeldverhandlungen laufen. Unter einer Million Dollar geht in der Regel gar nichts. Für die Faina wollten die Seeräuber zunächst 35 Millionen Dollar, nun würden sie sich auch mit 20 Millionen Dollar Lösegeld zufriedengeben. Derzeit haben sie etwa ein Dutzend Schiffe und mehr als 200 Seeleute in ihrer Gewalt. Experten schätzen, dass Piraterie inzwischen den Löwenanteil der puntländischen Wirtschaft ausmacht. Pro Überfall sind etwa 50 Piraten im Einsatz, die mit Schnellbooten, Satellitentelefonen und automatischen Waffen ausgerüstet sind. Seit dem Frühjahr kann Piraterie im Puntland mit der Todesstrafe geahndet werden, aber selbst Regierungsmitglieder geben zu, dass die Piraten offenbar auch Hilfe von offiziellen Stellen erhalten. Während die Versicherungsprämien für alle Schiffe, die unterwegs im Suez- Kanal und Golf von Aden die somalische Küste passieren müssen, explosionsartig in die Höhe gehen, arbeiten die modernen Nachfahren von Klaus Störtebeker eifrig an ihrer Legende: Sie seien keine Kriminelle, sondern schützten die somalischen Fischer vor ausländischer Konkurrenz. Edle Räuber? Die Seifenblase vom edlen Räuber zerplatzt allerdings schnell, denn die Piraten haben schon wiederholt UN-Schiffe mit Lebensmitteln angegriffen. Dabei sind die Lebensmitteltransporte nötiger denn je. Mehr als 3,5 Millionen Somalier, etwa die Hälfte der Bevölkerung, sind wegen Dürre und Flüchtlingselend auf Hilfe von außen angewiesen. Eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, die Marineschiffen der UN-Mitgliedsstaaten das Recht zur Verfolgung von Piraten einräumt, hat bisher nicht gegriffen. Aber das könnte sich nach Plänen der EU schon bald ändern. Drei Fregatten, ein Versorgungsschiff und drei See- Aufklärungsflugzeuge sollen Konvois von Handelsschiffen am Horn von Afrika beschützen.

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