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Die Geschichte des Landkreises

Amtsorte verweisen konnten, war der Marktflecken

Marktheidenfeld spät zum Amtsort aufgestiegen.

Der Homburger Landrichter Grandauer verlegte

1806 seinen Amtssitz nach Marktheidenfeld; 1840

wurde das Landgericht Homburg in Landgericht

Marktheidenfeld umbenannt. Zur Stadt erhoben

wurde Marktheidenfeld erst 1948.

Am 26. Juli 1866 wurde die auf österreichischer

Seite stehende bayerische Armee bei Roßbrunn

und Uettingen (heute Landkreis Würzburg) von den

preußischen Truppen geschlagen. Durchziehende

preußische Truppen schleppten die Cholera ein. Allein

in Karlstadt forderte die Seuche zwischen Juni und

September 1866 63 Todesopfer. Infolge des verlo-

renen „Bruderkrieges“ musste Bayern das Amt Orb

an die damalige Provinz Hessen-Nassau abgeben

und das Bezirksamt Gemünden wurde 1872 bis 1903

mit dem Bezirksamt Lohr vereinigt. Dafür wiederum

gab das Bezirksamt Lohr die Gemeinden des alten

Landgerichts Rothenfels an das Bezirksamt Markthei-

denfeld ab, die 1880 teilweise wieder an das Lohrer

Amt fielen. Die Vereinheitlichung des Rechts und der

Rechtspflege im 1871 gegründeten Deutschen Reich

bedingte 1879 die Auflösung der alten Landgerichte.

An ihre Stelle traten die Amtsgerichte, bevorzugt am

Sitz der Bezirksämter.

Was die moderne Infrastruktur im heutigen

Landkreis anbetrifft, ist erwähnenswert der Bau

der Marktheidenfelder Mainbrücke 1837 bis 1846,

handelt es sich doch um die erste Mainbrücke

zwischen Würzburg und Aschaffenburg. Sie war

Teil einer konsequenten „Erschließungspolitik“

unter König Ludwig I. von Bayern. 1854 verband

die Eisenbahn Karlstadt, Gemünden – dieses als

Knotenpunkt mit weit überregionaler Bedeutung –

und Lohr über Würzburg bzw. Aschaffenburg mit

Nürnberg und Frankfurt; die Marktheidenfeld an

das Bahnnetz anschließende (und inzwischen

wieder „zurückgebaute“) Nebenstrecke Lohr –

Wertheim wurde erst 1881 eröffnet. Unter der

Eisenbahn litt zunächst besonders die Mainschiff-

fahrt. Das Großprojekt der Mainkanalisierung

wurde dann in den 1930er-Jahren vorangetrieben.

Heute ist der Main Bestandteil der „Großschiff-

fahrtsstraße“ Rhein – Main – Donau, die den Atlan-

tik mit dem Schwarzen Meer verbindet. Von der in

den 1960er-Jahren gebauten „Spessart-Autobahn“,

Teilstück der A 3, profitiert namentlich der Raum

Marktheidenfeld.

Nach der „Machtergreifung“ durch die National-

sozialisten 1933 setzte – durch eine auf Schul-

den aufbauende und den Krieg von vornherein

planende Politik – ein gewisser wirtschaftlicher

Aufschwung ein. Bald sollten aber gerade die

Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens die

Brutalität des neuen Regimes zu spüren bekom-

men. In der sogenannten Reichskristallnacht

1938 wurden Juden, die erst 1851 bzw. 1871 den

christlichen Staatsbürgern gleichgestellt worden

waren, misshandelt und jüdische Einrichtungen

geschändet. 1942 wurden die letzten Juden aus

dem heutigen Kreisgebiet in die Vernichtungs-

lager in Osteuropa deportiert. 1933 hatten im

heutigen Kreisgebiet noch 16 jüdische Gemeinden

bestanden. Allein in Urspringen hatte es 1856 bei

856 Katholiken und 32 Protestanten 172 Juden

des Spessarts bayerisch. 1819 kam das badische

Amt Steinfeld zu Bayern. Das alte Reich war

untergegangen, das verwirrende Bild von Klein-

und Kleinststaaten ausgelöscht. Das Königreich

Bayern übernahm die alten Amtsorte als Sitze der

sogenannten Landgerichte. Diese erfüllten sowohl

Aufgaben der Verwaltung als auch der Recht-

sprechung. Auf der höheren Verwaltungsebene

entstand 1817 der Untermainkreis, ab 1838 Kreis

Unterfranken und Aschaffenburg. Bis zur Revolu-

tion von 1848 gab es mancherorts noch Patrimo-

nialgerichte und Patrimonialämter, in denen der

Adel staatliche Rechte wahrnahm, z. B. in Rothen-

fels, Steinbach, Rieneck und Waizenbach (heute

Landkreis Bad Kissingen). Erst nach dem Übergang

an Bayern gelang es auch, das Räuber(un)wesen

im Spessart einzudämmen, sorgte doch eine straff

organisierte Gendarmerie für rasche und wirksame

Strafverfolgung. 1852 beschrieb der Arzt Rudolf

Virchow, damals Professor für Pathologische

Anatomie an der Universität Würzburg, die „Noth

im Spessart“.

Das Gemeindeedikt von 1818 ist gleichsam die

Geburtsurkunde der politischen Gemeinden nach

heutigem Verständnis: Die Gemeinden bekamen

Selbstverwaltungsaufgaben jetzt auch von Geset-

zes wegen übertragen. 1862 erfolgte die Trennung

von Verwaltung und Justiz: Die rechtsprechende

Gewalt verblieb den alten Landgerichten; für die

Verwaltung wurden neue Bezirksämter einge-

richtet. Im Gebiet des jetzigen Landkreises waren

dies die Bezirksämter Gemünden, Karlstadt, Lohr

und Marktheidenfeld. Während die Städte Gemün-

den, Karlstadt und Lohr auf lange Traditionen als

Die Geschichte

des Landkreises/

Barbarossabrunnen

in Rengersbrunn